100% FÜR DIE NATUR – 90% WENIGER ENERGIE

„Am Schanzenberg“ in Saarbrücken setzt neue Maßstäbe in umweltgerechter Straßenbeleuchtung

Als Landeshauptstadt des Saarlands investiert Saarbrücken in Smart City-Konzepte. Ein Leuchtturmprojekt bildet hier ein intelligentes Beleuchtungssystem für das neu entstehende Quartier am Schanzenberg: es schützt Mensch, Natur – und spart bis zu 90% der Energiekosten.

Vom Industriegebiet zum innovativen Creative Hub

Auf dem ehemaligen Messegelände von Saarbrücken entsteht seit 2022 und auf 80.000 m2 Grundstücksfläche ein modernes Stadtquartier: Das Quartier „Am Schanzenberg“ wird Büros, gewerbliche und private Nutzung sowie Gastronomie vereinen, inklusive Infrastruktur und Gebäudetechnologie – auf insgesamt 125.000 m2 Nutzfläche.

Sicherheit, Wohlbefinden und der Erhalt von Dark Sky

Wie lässt sich solch ein aufstrebendes Viertel ressourcenschonend und nachhaltig beleuchten, sodass es für die Menschen vor Ort angenehm und sicher erscheint und gleichzeitig Flora und Fauna schützt? Eine intelligent gesteuerte, vernetzte und adaptive Beleuchtung erfüllt all diese Anforderungen. Unnötiges Streulicht wird erst gar nicht in den Nachthimmel abgegeben, Dark Sky wird erhalten.

Der zirkadiane Rhythmus, die innere Uhr, bestimmt das Leben

Ein weiterer, wichtiger Aspekt für Mensch und Natur ist die Lichtfarbe der Straßenbeleuchtung. Diese hat bisher vor allem kühles Weißlicht genutzt, da es als effizienter und kostengünstiger galt. Wir wissen, dass Mensch und Natur stark mit dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus verbunden sind. Der Mensch ist kühles, aktivierendes Licht bei Tag gewöhnt und wärmeres, beruhigendes Licht, sobald es Richtung Abend geht. Fledermäuse zum Beispiel, die in der Umgebung am Schanzenberg ihr natürliches Habitat besitzen, würden ein zu helles, kaltes Licht der Beleuchtung an der dort verlaufenden Autobahn als Barriere wahrnehmen und so ihre Futterplätze „dahinter“ nicht mehr finden können.

Lichtfarben angepasst an Jahreszeiten und Lebewesen

Gibt es eine sinnvolle Alternative zu kaltem Weißlicht in der urbanen Beleuchtung? Forschungen haben gezeigt, dass viele Insektenspezies keine Rezeptoren im langwellligen Rotbereich besitzen. Wärmeres Licht reicht zudem dem Menschen bei Dunkelheit aus, um das Wichtigste zu erkennen. Für das Projekt am Schanzenberg entstand eine Kooperation mit einem Leuchtenhersteller, der sich auf zirkadian ausgerichtete Leuchten für den Außenraum spezialisiert hat. Von Frühjahr bis Herbst wird Licht mit höherem Rotanteil abgegeben, was Insekten und nachtaktiven Tieren entgegenkommt. Wenn in den kühlen Wintermonaten die Aktivität der Insekten zurückgeht, kommt bläulicheres, energiesparendes Licht zum Einsatz.

Adaptives Licht liefert nur Licht, wenn es gebraucht wird: Das bedeutet bis zu 90% weniger Energiekosten

Was die Energieersparnis nachweislich auf einen Wert von bis zu 90% bringt, ist die Nutzung von adaptivem Licht. Die zirkadianen Lichtprofile wurden mit Sensoren über ein externes Telemanagement ausgestattet. Sie arbeiten mit einem funkbasierten Mesh-System: mit jeder weiteren Einzelleuchte vergrößert sich das Netz, wobei jede Einzelleuchte per GPS erfassbar ist und für jede einzelne Leuchte Statistiken abrufbar sind. Das Licht wird nur intensiviert, wenn Sensoren eine Bewegung erfassen, etwa durch Fußgänger, Autos oder andere Verkehrsteilnehmer. Die Lichtplanung hat unterschiedliche Programmierungen festgelegt, das Licht lässt sich dimmen oder auch ab 23 Uhr ganz ausschalten. Bisher wurden etwa 80% der insgesamt benötigten Lichtmasten erfolgreich in Betrieb genommen (Stand Juli 2025).

Fotos: Marc André Stiebel

ES WERDE LICHT

Neugestaltung des Ortskerns von Niederkorn (Luxemburg) nach dem Prinzip des „Shared Space“

„Shared Space“ beschreibt ein innerstädtisches Konzept, das alle Verkehrsteilnehmer gleichstellt. Der Masterplan sollte alle Vorgaben des „geteilten Raumes“ nach Sicherheit erfüllen und zugleich das Zentrum der Gemeinde mit Licht aufwerten.

Licht für mehr Achtsamkeit

Die Kirche Saints Pierre et Paul steht im Mittelpunkt von Niederkorn. Das Gelände steigt zum Friedhof hin an, begrenzt durch die Friedhofsmauer, die den Ort umschließt. Straße, Fuß- und Radwege zeigen denselben Belag, sind nicht voneinander zu unterscheiden, Beschilderungen fehlen. Studien belegen, dass Verkehrsteilnehmer ohne festgelegte Regeln sicherer miteinander umgehen, aus Eigenverantwortung. Das Lichtkonzept sah daher vor, die Verkehrswege eher nachzuzeichnen als zu betonen, die Beleuchtung vielmehr dekorativ als technisch zu betrachten.

Beschützte Pfade

Auf dem Vorplatz der Kirche übernehmen diese Aufgabe Bodeneinbauleuchten, die das Bauwerk und die Vegetation illuminieren. Sie bilden Lichtinseln, die einen Ausgleich zwischen Hell und Dunkel schaffen, ohne die Technik der Lichtinstallation zu offenbaren. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Zugangsbereich zum Kirchturm. Die vormals dunkle Zone ist dank der ausgeleuchteten, einladenden Treppe nun bedenkenlos zu begehen.

Intuitive Verbindung

Die Kirche wird von Bodeneinbauleuchten angestrahlt, die sich im engen Abstand zur Fassade befinden. Sie setzen markante Elemente der Architektur in den Fokus, wodurch Kontraste entstehen, die den Bau bei Nacht lebendiger erscheinen lassen. Auch das Friedhofsgebäude tritt aus der Dunkelheit hervor und liefert dem Betrachter einen verlässlichen Orientierungspunkt. Vor dem Abendhimmel präsentiert sich die Friedhofsmauer als leuchtender Horizont, die die Anlage in ein positives Licht rückt.

Gesteigertes Wohlbefinden

Zur Masterplanung zählt auch die blendfreie Beleuchtung der Verkehrswege. Die Farbtemperatur aller Lampen ist einheitlich gewählt, um ein ausgeglichenes Niveau innerhalb des Weißlichts zu erreichen. Im Zuge der Shared Space-Maßnahmen profitiert Niederkorn von einer Entschleunigung, die sich in der Beleuchtung widerspiegelt: Gebäude und Passanten sind klar wahrnehmbar und treten in einem ruhigen Licht hervor. Ein öffentlicher Platz als Ort der Begegnung, der das soziale Leben stärkt und Menschen anzieht, bei Tag und Nacht.

Fotos: Steve Troes Fotodesign